In Deutschland sind laut einer Studie rund 7,5 Millionen Menschen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren
sogenannte funktionale Analphabeten. Sie können zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben, nicht jedoch zusammenhängende, auch kürzere Texte verstehen. Für funktionale Analphabeten werden schriftsprachliche Situationen im Alltag und im Beruf zur Herausforderung. Meist entwickeln sie ausgeklügelte Strategien, damit das Problem in der Schule, am Arbeitsplatz oder im Familien- und Freundeskreis nicht auffällt. Aber der Leidensdruck vieler ist groß.
Nicht alle funktionalen Analphabeten sind arm, dennoch besteht ein starker Zusammenhang. Mehr als 30 Prozent der funktionalen Analphabeten in Deutschland finden keine Arbeit und haben es schwer, am gesellschaftlichen Leben selbstbestimmt teilzunehmen.
In der öffentlichen Diskussion spielt das Thema bisher kaum eine Rolle. Das soll sich nun ändern: Mit der „Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung" (AlphaDekade) setzen sich Bund, Länder und Partner verstärkt dafür ein, die Grundbildung in Deutschland zu verbessern. Ein Kooperationspartner sind die Mehrgenerationenhäuser. Sie wenden sich mit niedrigschwelligen Angeboten an Betroffene und wollen mit dem neuen Förderschwerpunkt „„Förderung der Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen" Maßnahmen umsetzen, die den Umfang des funktionalen Analphabetismus verringern und die Kompetenzen bei den Betroffenen erhöhen.
Das Mehrgenerationenhaus Dalheim des Caritasverbandes Wetzlar/Lahn-Dill-Eder e.V. bietet in diesem Rahmen ein Lerncafé an. Jeden Dienstag von 15 bis 17 Uhr kommt man hier zusammen, um an kleinen Texten gemeinsam zu üben. Briefe oder Unterlagen können mitgebracht und durchgegangen werden. Gemeinsam wird Zeitung gelesen oder anhand von Bildern geübt, kleine Geschichten zu schreiben. Auch anhand von Wegbeschreibungen, Kochrezepten oder dem eigenen Lebenslauf wird das Textverständnis verbessert. Zielgruppe des Lerncafés sind Personen mit und ohne Migrationsgeschichte, die gut Deutsch sprechen können, aber Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben oder Rechnen haben. Es geht also nicht um Sprachförderung.
Das Lerncafé wird von zwei Übungsleiterinnen begleitet, ist kostenfrei und kann ohne vorherige Anmeldung besucht werden. Zu den Öffnungszeiten stehen zwei Laptops zur Verfügung, an denen Interessierte auf der interaktiven Lernplattform „Ich will lernen" arbeiten können. Für die Zukunft sind gemeinsame Ausflüge zum Beispiel in die Bibliothek geplant, Filmnachmittage sowie Infoveranstaltungen zum Thema und die stärkere Vernetzung mit anderen Trägern und Einrichtungen.
Weitere Informationen gibt es im Mehrgenerationenhaus der Caritas, Hohe Straße 13, 35576 Wetzlar/Dalheim, Tel. 06441 4446333.