Koordinationsstelle für Menschen ohne festen Wohnsitz und Probewohnen
"Die Wohnung ist nicht alles - aber ohne Wohnung ist alles nichts."
Dieser Slogan der Wohnungslosenhilfe bringt das Problem vieler Menschen ohne festen Wohnsitz treffend auf den Punkt. Eine fehlende Wohnung - und damit auch eine Meldeadresse - bedeutet nicht nur, vom Wohnungsmarkt ausgeschlossen zu sein. Ohne eine feste Anschrift sind auch existenzielle Lebensbereiche wie der Zugang zum Arbeitsmarkt, ärztliche Versorgung, eine Bankverbindung oder gesellschaftliche Teilhabe unerreichbar.
Gerade deswegen ist eine Unterkunft, die zumindest Schutz vor äußeren Einflüssen bietet, nicht genug. Zusätzlich ist eine Meldeadresse nötig, um den Weg aus der Wohnungslosigkeit zu ebnen und komplexe Problemlagen zu lösen.
Ein Projekt für mehr Perspektiven
Am 01.07.2023 wurde dazu in Kooperation mit der Stadt Wetzlar die Koordinationsstelle für Menschen ohne festen Wohnsitz ins Leben gerufen. Das Ziel: Menschen, die in Unterbringungseinrichtungen "feststecken", eine Perspektive zurück in ein eigenständiges Leben zu eröffnen. Oftmals verharren Betroffene über längere Zeiträume in provisorischen Unterkünften, weil sie keinen Zugang zu bestehenden Hilfsangeboten finden und ohne Meldeanschrift nur schwer Zugang zu Teilhabemöglichkeiten und Hilfestrukturen finden.
Dieser Kreislauf führt nicht nur dazu, dass sich die Notlagen der Betroffenen verschärfen, sondern auch, dass dringend benötigte Unterbringungskapazitäten langfristig belegt sind. Um diesem Problem zu begegnen, fungiert die Koordinationsstelle als zentrale Anlaufstelle für die Vermittlung von Unterbringungsmöglichkeiten und die Ermittlung der Bedarfe der Betroffenen.
Wie arbeitet die Koordinationsstelle?
Die Koordinationsstelle agiert wie ein "Satellit": aufsuchend, unterstützend und eng vernetzt mit bestehenden Unterkünften und Hilfestrukturen. Sie hilft dabei, Hindernisse bei der Vermittlung aufzudecken und abzubauen. Mit Hilfe eines breiten Netzwerks werden Problemlagen individuell bearbeitet, um schnellstmöglich angemessene Unterstützungsangebote zu finden.
Das Ziel ist dabei klar: Menschen den Weg in ein geregeltes Mietverhältnis zu ebnen oder Zwischenlösungen zu schaffen, die ihnen mindestens eine Meldeanschrift ermöglichen. Denn eine Meldeadresse eröffnet z.B. den Zugang zum Arbeitsmarkt, eine adäquate medizinische Versorgung oder die Möglichkeit zur Beantragung von Sozialleistungen.
Die Koordinationsstelle greift dabei auf verschiedene Ressourcen zurück:
- Städtische Notunterkünfte,
- Zimmer in Pensionen, die dauerhaft zur Verfügung stehen,
- sowie den Wohnungsmarkt.
Probewohnen: Ein innovatives Konzept
Ein zentraler Bestandteil des Projekts ist das Konzept Probewohnen. Dabei stellen Unternehmen des sozialen Wohnungsbaus Wohnungen zur Probe zur Verfügung. Die Stadt Wetzlar tritt zunächst als Hauptmieter auf und überlässt die Wohnung den Betroffenen zur Nutzung auf Probe.
Nach einer festgelegten und erfolgreichen "Bewährungszeit" können die Bewohner*innen die Wohnung eigenständig als Hauptmieter übernehmen. Dieses Modell bietet nicht nur eine Chance auf ein eigenes Zuhause, sondern auch auf Stabilität, Sicherheit und die Möglichkeit, wieder fest im Leben Fuß zu fassen.
Gemeinsam gegen Wohnungslosigkeit
Mit der Koordinationsstelle für Menschen ohne festen Wohnsitz und dem innovativen Ansatz des Probewohnens geht die Stadt Wetzlar neue Wege, um Wohnungslosigkeit nachhaltig zu bekämpfen. Das Projekt zeigt, wie wichtig Vernetzung, individuelle Unterstützung und kreative Lösungsansätze sind, um Menschen eine neue Perspektive und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Denn: Eine Wohnung ist die Grundlage für ein Leben in Würde - und ein erster Schritt zurück in die Selbstständigkeit.